Blaue Wunder

Das neustes Buch von Marlis Maehrle im Haupt Verlag beschäftigt sich ausschließlich mit der Cyanotypie, einer der Fotographie verwandten Technik, die von etwa 1870 bis 1950 vorwiegend für technische Zeichnungen zur Anwendung kam. Es handelt sich – wie bei der Blaupause (einem chemisch etwas anders aufgebautem Vervielfältigungsverfahren) – um eine Kontaktkopie, dh. Verkleinerungen oder Vergrößerungen sind nicht möglich.

Durch die ‚Durchleuchtung‘ der die Fotoemulsion bedeckenden Flächen können – je nach Dichte des gewählten Materials (geeignet ist fast alles: Schablonen aus Karton, Bänder, Haushaltsmaterialien, Blätter und Blüten, Negative …) – Binnenstrukturen sichtbar werden. Diese Feingliedrigkeit ist besonders bei Pflanzen sehr wirkungsvoll. Zeichnungen oder Fotos auf transparenten Folien werden, sofern sie plan liegen, konturenscharf abgebildet.

Trotzdem bleibt jede Cyanotypie immer eine Überraschung: die Blautöne können je nach bestrichenem Papier (auch andere Untergründe sind möglich) und Dauer der Belichtung ganz verschieden ausfallen. Dem Experimentieren sind kaum Grenzen gesetzt, was natürlich auch bedeutet, daß man sich zu Beginn in diese Technik etwas einarbeiten muss. Und diese Versuche am besten an sonnigen Tagen durchführt.

Marlis Maehrle macht uns dieses Einarbeiten ganz leicht. Angefangen von den Bezugsquellen von Papieren und Chemikalien bis hin zu künstlerischen Beispielen nimmt sie den Leser an die Hand und erklärt die technischen Möglichkeiten in Bild und Text. Dabei wird der Bildaufbau samt Rändern ebenso erläutert wie die Weiterverarbeitung fertiger Cyanotypien zu Karten oder Büchlein.

Das 2020 im Schweizer Haupt Verlag erschienene Buch hat ein stimmiges Layout, das viele Blau steht auf großzügigen weissen Flächen und bringt diese zum Leuchten, die Lesbarkeit der Texte in schwarz ist wunderbar und die Inhalte sind übersichtlich in 7 Kapitel gegliedert. Ein anregendes Buch, das vom ersten Blättern bis zum Nacharbeiten Freude bei der Benutzung macht.