The White Page

The White Page (2022)

A white piece of paper always signifies a moment of tension between the to be expected and the unexpected. A mental move, which is going to happen in the already defined space by the size of the page.

Being tranparent, old and rugged my pieces of paper aren’t as  pure as might be wished for. There are traces of pencildrawings visible. They show random borders, rough edges and folds. The paper has thereby already lost its usability to write, to draw or to paint on. But being a pair of sheets the papers gained a new function: catching formerly living elements like a bird, spiders, flies and bees in between them. The white page as a passive object to be used to write on has become an active material for containing animals.

All of these small dead animals had to be flattened to meet the format. The glued papers are presented in a white freestanding frame on a plint. This gives ‚the white page‘ a kind of museumlike touch. This scientific attitude is mocked at by the lacking free view on the thus exposed everyday objects. The caught animals once were able to fly. Now they are shown in a frame, gently swinging in the wind like hanging on a gibbet. The two pages are to be changed every other day.

My artwork ‚the white page‘ asks questions about our attitude towards nature, which is mainly a romantic oneway view where nature tends to become our property. We are not taking into account ourselves being part in this complex system.

Haus des Papiers

Seit Mitte des vergangenen Jahres gibt es in Berlin ein privates Museum nahe dem Spittelmarkt, das sich mit den Materialeigentümlichkeiten von Papier befaßt. Bekannte Namen im Kunstbetrieb wie Bonvinci, Trockel oder Uecker sind ebenso vertreten wie Stipendiaten/innen bzw. newcomer (Lars Eidinger) oder Stars der ‚Papierszene‘ (Fiene Scharp, Christiane Feser, Max Marek).

Fiene Scharp

In der ersten Ausstellung ab Juni 2021 sind Papierobjekte zu finden, die sich vom zweidimensionalen Papierbogen in die Tiefe oder Höhe entwickeln: Papercuttings, Collagen, Prägungen und skulpturale Arbeiten präsentieren sich in den weiss gehaltenen Erdgeschossräumen wunderbar stringend. Ende 2022 sollen Arbeiten folgen, die sich mit Klang und Papier auseinandersetzen.

Erwin Wurm

Erwin Wurms Wortbilder in Form von Notizheften liegen zum selbstblättern in einer Fensternische. Sehr leichte, luftige Arbeiten von Guy Lougashi oder die schwarzen Meteoritenpapiere von Ulrike Mohr stehen im Gegensatz zu den steinartigen Objekten Geokhan Erdogans, die zwar aufgrund ihrer Kompaktheit (verleimte Kopien des Künstlers) schwer wiegen, sich aber optisch vom Tisch lösen.

Astrid Busch

Eine zunächst befremdende Arbeit von Burçak Bingöl zeigt ein liegend präsentiertes weisses Keramikobjekt, glänzend und ungefähr 20*30*1cm groß. Es ist mit sehr kleinen schwarzen Pflanzen bemalt und weist Krater auf, wie man sie ggfs. in Karstlandschaften erwartet. Diese sind beim Brennen entstanden und waren ursprünglich mit Papier gefüllt. Es handelt sich also um eine formale Erinnerung an ein Blatt Papier und an eine Abwesenheit des die Ausstellung konstituierenden Materials. Und schließt damit einen Bogen zu den ganz nebenbei ausgelegten handgeschöpften Papieren und dem dazugehörigen Sieb mit eingearbeitetem Wasserzeichen.

Es lohnt sich also, die zu jedem ausgestellten Objekte angebotenen Hintergrundinformationen aufzunehmen, um sich weitere Dimensionen der Auseinandersetzung mit dem Thema Papier zu erschließen.


Mehr zu den Künstlern und der Einrichtung https://www.hausdespapiers.com/artists

Das Museumsprojekt wurde initiiert von der Berliner FineArt-Print Manufaktur d’mage, begleitet und unterstützt von den beiden Firmen Hahnemühle und Canon Deutschland. Gemeinsam engagieren sie sich schon seit vielen Jahren für eine stärkere öffentliche Wahrnehmung des Werkstoffes Papier in der Bildenden Kunst mit Projekten wie Paper Residency !  oder dem hochdotierten Paper Art Award.

ZEICHNEN V

Aus der von Nora Schatttauer bei Revolver Publishing Berlin herausgegebenen Reihe #draw zum Zeichnen der Gegenwart stelle ich heute Heft 14 vor. Bisher sind 15 Ausgaben erschienen, jeweils als numerierte Auflage von 300 Stück, gedruckt auf Lessebo Papier und etwas größer als DIN A5. Auffällig ist bei allen das zurückgenommene Layout mit wenig Text und viel Platz für reduzierte Zeichnungen: ein Angebot an die Augen in den Weissflächen auf Entdeckungsreise zu gehen.

Der Kölner Künstler Heiner Blumenthal (Jahrgang 1956) zeigt 22 Bleistiftzeichnungen, die meist aus Strichgruppen bestehen. Handgezeichnete Linien treffen auf linealgrade Striche, einzelne Bewegungen auf sich überlagernde Gruppen, Angefangenes auf Korrigiertes, offene Gesten auf flächenumschließende. Es entsteht ein Spannungsfeld, in dem sich Beziehungen aufbauen. Die freien Striche lehnen sich an die schnurgeraden Linien an, die schnurgerade Linien gehen in Stellung zum Blattformat, definieren die Räume, in denen sich die freien Linien aufhalten können. Es geht um Raumdefinition, Grenzen, Horizonte. Um Handlungen und Ballungen von Aktivitäten im Raum.

Das alles sehr fein mit Bleistift vorgetragen. Was auch die Möglichkeit nachträglicher Öffnungen mittels Radiengummi mit einschließt. Und feine Spuren des Zeichnens und Denkens enstehen läßt, die angefangene Striche zum Pausieren zwingen. ‚Gebilde des Sehens‘ nennt Heiner Blumenthal die ausgewählten Zeichnungen.


Draw #14 – Heiner Blumenthal (Berlin 2019

https://www.heinerblumenthal.de/works/drawing-pencil/

Südgarten

Zum Jahresende flatterte mir ein druckfrischer Katalog – oder eher ein Bildessay – ins Haus. Mit Unterstützung der Stadt München entstand 2021 eine Bestandsaufnahme des Südgartens in München, einem partizpatorischen Projekt, was sich in Zentrumsnähe im Restraum zwischen der Bahntrasse und dem alten Viehhofgelände befindet. Es handelt sich um eine Vorhaltefläche für eine spätere Wohnbebauung. Aufgrund von Bodenkontamination sind nur Hochbeete möglich, was die Vorläufigkeit dieser Grünanlage unterstreicht.

Mit der Haltung eines Ian Hamilton Finlays und Derek Jarmans ist die Künstlerin Margret Lochner mit Ihrer Kamera ein Jahr lang zur Augenzeugin dieser grünen Insel geworden. Jeweils am 1. und 15. eines Monats unternahm sie Kartierungen all der Pflanzen und Dinge, die dort zu finden waren. Schön wäre ein ergänzender Blick von oben gewesen, um sich das Arreal mit seinen Orten, die auch Besuchern offenstehn, vorstelln zu können. Menschen sind auf ihren atmosphärischen Fotos nicht vertreten, aber Gartengerät und Spielzeug erzählen viel über die Nutzer.

Margret Lochner zeigt auf rund 50 Seiten abwechslungsreich die verschiedenenen Jahrezeiten, Nutzpflanzen und Blühendes, Infrastruktur und Umgebung. Die Aufnahmen gehen sehr dicht heran – bis hin zu wunderbaren Unschärfen – und stellen Sammlungen ähnlicher Objekte vor. Wir sehen Kleintiere und Gießkannen, Himmel und Erde. Das Layout ist großzügig: Gruppen von quadrat. Einzelaufnahmen umgeben von ausreichend Weißraum stehen im Kontrast zu doppelseitigen Abbildungen. Eine kurze Einleitung stellt das Projekt vor, Joachim Goetz nimmt am Ende des Buches eine Einordung des urban gardening in den Stadt- und politischen Raum Münchens vor. Ein Buch für alle Münchenfans, aber auch ein wunderbares Buch, um damit im Kopf spazieren zu gehen, sich in kleine Paradiese wegzuträumen.

mehr unter : www.margretlochner. de

Der Garten „little Sparta“ von Ian Hamilton Finlay ist mit einer 1,5 Hektar großen Fläche eher als Park oder Gesamtkunstwerk zu bezeichnen. Er enthält Skulpturen und Tempelbauten im neuklassizistischen Stil. Im Dezember 2004 wählten fünfzig Künstler, Galeristen und Kunstexperten Little Sparta zum „größten Kunstwerk der Nation“ (“the nation’s greatest work of art”).[1]

Udo Weilacher: Ein Gartenreich als politischer Erfahrungsraum. Little Sparta in Stonypath. In: Udo Weilacher: In Gärten. Profile aktueller europäischer Landschaftsarchitektur. Basel Berlin Boston 2005, ISBN 3-7643-7084-X.

Nach Jarmans Tod 1994 pflegte sein Lebensgefährte Keith Collins Prospect Cottage, das zu einer Art Wallfahrtsort für Jarman-Fans wurde. Collins starb 2018, danach sollten Haus und Garten verkauft werden. Durch Spenden kamen jedoch in kurzer Zeit 3,5 Millionen Pfund zusammen, wodurch der britische Art Fund das Anwesen erwerben konnte und es für die Öffentlichkeit zugänglich bleibt. Jarmans Nachlass liegt im Tate Archive.

https://www.faz.net/aktuell/stil/drinnen-draussen/derek-jarman-der-garten-als-therapie-12737507.html


Ich lese gerade … XXIV

Iris Wolff – Die Unschärfe der Welt (2020)

Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2020, den Bayerischen Buchpreis in der Kategorie Belletristik 2020 sowie den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis 2020.


Dies ist ein wunderbares Buch. Aber: ich kann nicht seltsamerweise nicht beschreiben, warum. Natürlich gäbe es eine Handlung zu erzählen, dann wäre es eine Familiensaga, aber dafür mag das nachfolgende Zitat reichen. Denn das Schweben des Textes entsteht eher durch die eingestreuten Nebengedanken zu Erinnerung und Sprache, die aber den Erzählstrang überhaupt nicht aufhalten, sondern zu den Personen gehören, die eine Klarheit an Überzeugungen leben, die eine gewisse Stille und Freiheit – auch von Sprache – mit sich bringt. (Darin nebenbei enthalten auch das Thema gesellschaftliche Unfreiheiten.)

Beschrieben werden die Verhältnisse zwischen vier Generationen und diese sind vorwiegend von Liebe und Akzeptanz gekennzeichnet. Und obwohl der Roman von Iris Wolff bis in die Gegenwart reicht, bleibt mir eine dörfliche Übersichtlichkeit im Kopf, die ihn für mich den Zeitzwängen entzieht. Auch die Fähigkeit der handelnden Personen, sich auf ihre eigene Entscheidungen, auf ihre eigene Klarheit des Denkens und Handelns zu verlassen, kommt mir im digitalen 21. Jahrhundert merkwürdig unvertraut und fast schon wie eine vergangene Haltung zum Leben vor, verbindet jedoch die verschiedenen Zeitebenen. Räumlich gesehen geht es um die unklare Zugehörigkeit der Menschen im Banat, die Sprachenvielfalt, die eigene kulturelle Identität und Migration in verschiedene neue Umgebungen.


‚Iris Wolff erzählt die bewegte Geschichte einer Familie aus dem Banat, deren Bande so eng geknüpft sind, dass sie selbst über Grenzen hinweg nicht zerreißen. Ein Roman über Menschen aus vier Generationen, der auf berückend poetische Weise Verlust und Neuanfang miteinander in Beziehung setzt. Hätten Florentine und Hannes den beiden jungen Reisenden auch dann ihre Tür geöffnet, wenn sie geahnt hätten, welche Rolle der Besuch aus der DDR im Leben der Banater Familie noch spielen wird? Hätte Samuel seinem besten Freund Oz auch dann rückhaltlos beigestanden, wenn er das Ausmaß seiner Entscheidung überblickt hätte? In »Die Unschärfe der Welt« verbinden sich die Lebenswege von sieben Personen, sieben Wahlverwandten, die sich trotz Schicksalsschlägen und räumlichen Distanzen unaufhörlich aufeinander zu bewegen. So entsteht vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden Ostblocks und der wechselvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts ein großer Roman über Freundschaft und das, was wir bereit sind, für das Glück eines anderen aufzugeben. Kunstvoll und höchst präzise lotet Iris Wolff die Möglichkeiten und Grenzen von Sprache und Erinnerung aus – und von jenen Bildern, die sich andere von uns machen.‘


15.12.2021 https://www.lovelybooks.de/autor/Iris-Wolff/Die-Unsch%C3%A4rfe-der-Welt-2570841353-w/

weitere biographische Angaben unter http://www.iris-wolff.de/about/biografie/