Ich lese gerade …. IX

Paul Auster – 4321 (Hamburg 2017)


Textblock Ausschnitt Litho
Constanze Kreiser 2016

 

‚Ein Buch über ein Buch, ein Buch, das man lesen und in dem
man auch schreiben konnte, ein Buch, das man betreten konnte
wie einen echten dreidimensionalen Raum, ein Buch, das die
Welt war und doch ein Gedankenprodukt, ein Rätsel, eine
Landschaft voller Schönheiten und Gefahren, und nach und
nach sollte sich darin eine Geschichte entfalten, die den fiktiven
Autor F. mit den dunkelsten Zügen seines eigenen Ichs kon-
frontieren würde. Ein Traumbuch. Ein Buch über die unmittel-
bare Wirklichkeit vor F.s Nase. Ein Buch, das zu schreiben
unmöglich war und das sicher zu einem wüsten Chaos unver-
bundener Bruchstücke zerfallen würde, zu aufgehäufter Bedeu-
tungslosigkeit. Warum so etwas überhaupt versuchen? Warum
sich nicht einfach eine neue Geschichte ausdenken und sie so
erzählen wie jeder andere Schriftsteller auch? Weil Ferguson
etwas anderes machen wollte. Weil Ferguson nicht mehr daran
interessiert war, einfach Geschichten zu erzählen. Weil Fergu-
son sich mit dem Unbekannten messen wollte, um zu sehen,
ob er vor ihm bestehen konnte.‘ (S.1049)

 

Das war scheinbar der Plan. Herausgekommen ist eine Art Rumkugel mit entsetzlich langen 1264 Seiten, die nichts an Themen der 70jährigen Lebenszeit Paul Austers weglässt: Frauenbewegung, sexuelle Befreiung, Universitätsgeschichte der Ostküstenuni-versitäten, Vietnamkrieg, BlackRightsMovement, Studentenbewegungen, unveröffent-lichte Frühwerke, die Stadtentwicklungs New Yorks, Filmgeschichte seit dem Beginn des Films. Anhand weniger miteinander befreundeter Personen werden mögliche Entwicklungslinien in ihren jeweils möglichen geistigen und räumlichen Umgebungen in 4 unterschiedlichen Fassungen vorgestellt.

 

 

Hinterlasse einen Kommentar